Schützengeschichte:
Die kleine Vereinsgeschichte:
Die aus praktischer Notwendigkeit
gebildeten Bürgerwehren der mittelalterlichen Städte waren, wie
vielerorts, die Keimzellen der heutigen
traditionsreichen alten Schützengesellschaften. Der bisher älteste
Hinweis auf Schützen in Neustadt findet sich in einer Einladung zum
Land- kleinodschießen 1462 nach Schweinfurt.
Das "Landkleinod" war ein von größeren
Städten gestifteter Wanderpreis in Form
eines aus Silberblech getriebenen Schildchens ( Tartsche ) an einer
silbernen Kette für den besten Schützen.
Die großen Schützenfeste,
vor allem jene um das Landkleinod, zu welchen sich die Städte
gegenseitig einluden, bildeten den Höhepunkt
im Brauchtum der Schützen.
Insgesamt
sind 12 datierte Einladungen an Neustadt zu Schützenfesten zwischen
1462 und 1868 dokumentiert.
Ob die Schützen den
Einladungen immer folgten, wissen wir nicht; es steht aber geschrieben,
dass der Neustädter Mitbürger und Schießgeselle
Melchior Umpffenbach 1543 in Themar das Landkleinod gewann, worauf nach den
damaligen Regeln das nächste Schützenfest in Neustadt stattfinden
musste.
Das geschah 1568 und war
das einzige belegte Landkleinodschießen in Neustadt.
Sebastiansbruderschaften
sind immer ein Indiz für aktives Schützenleben. Eine solche
Bruderschaft wird in Neustadt 1476 andeutungsweise greifbar, ab 1512 / 20 ist sie
eindeutig bezeugt. Der hl. Sebastian gilt als Patron der Schützen und
Soldaten. Bei kirchlichen Prozessionen und Schützenzügen wurde er den
Schützen vorangetragen, auf Fahnen, Schützenketten
und - Scheiben ist er bis heute ein beliebtes Motiv. Anliegen
dieser kirchlichreligiösen Bruderschaften war es, die Gemeinschaft mit
christlichem Geist zu erfüllen.
Die christlich sozialen
Normen bildeten darum den Hauptteil der entsprechenden Satzungen; was
die Schießübungen und das Wehrwesen betraf, wurde in den Schützenordnungen
geregelt.
Diese frommen Verbrüderungen
zur Pflege von Gebet, Sittlichkeit, Wohltätigkeit, Freundschaft und
Geselligkeit sanken im 16. Jahrhundert zu Vergnügungsvereinen herab und
schwanden schließlich mit der
Reformation vollends. Geblieben ist lediglich die kameradschaftliche
Bezeichnung von "Schützenbrüder und Schwestern".
Im 17. und 18.
Jahrhundert fließen die Nachrichten über die
Neustädter Schützengilde
spärlich, lediglich Eintragungen über
sog. Schützenpräsente in
den Stadtrechnungen sind Zeugnisse
einer mittelalterlichen Zweckgemeinschaft.
Seit
dem Mittelalter bis Ende des 19. Jahrhundert befand sich der Schießplatz
auf den Saalewiesen nördlich der Brendmündung.
Zur Eröffnung der
Schießsaison zogen die Schützen alljährlich zu Pfingsten mit Musik
auf diesen Platz, um erst zu Allerheiligen die sonntäglichen Übungen
auf gleiche Weise feierlich zu beenden. Entsprechend diesem Ritual wird
bis heute das Neustädter Schützenfest jährlich
um Johanni mit Musik, Preisschießen und der Königsproklamation
gefeiert.
Das alte Schießhaus an der Brendmündung wurde 1711 von der
Stadt abgebrochen und ein neues an der selben Stelle
errichtet.
Der Niedergang des Schützenwesens im 18. Jh. vor allem
infolge
der Fortschritte im Wehrwesen brachte dann den Verfall des
Schießhauses und die Veränderung des Schießplatzes.
Auf Grund dessen ließ
der Stadtrat das Schießhaus 1794 erneut abbrechen, um das Material zum
Bau einer Malzdarre am städtischen Brauhaus zu verwenden, unter
Protest allerdings der Schützenveteranen Erhard Simon und Georg
Schmitt, weswegen die Stadt den Schützen einen neuen Schützenhausbau
versprach, wenn sie wieder schießen sollten.
Es
folgte eine bewegte Zeit. Napoleons Soldaten zogen siegreich durch die
europäischen Länder. Im Widerstand gegen Napoleon erwachte das
deutsche Nationalgefühl und der Wehrwille.
Damit erhielt das Schützenwesen erneut
Auftrieb. 1812 schlossen sich in Neustadt unter dem ersten
Rentamtmann Schubert 30 Schützen zum "Schützen-Korps"
zusammen, und gaben sich erstmals
neben der Schützenordnung
des Landesherren eine eigene Satzung. Es sollten bis heute noch
mindestens fünf weitere folgen.
1814 erhielten die Schützen eine neue
Fahne. Sie ist nicht mehr erhalten, doch kennen wir sie von Drieslers
Gemälde " Auszug der bürgerl. Schützen zu Neustadt 1850
" .
Zum Schützenfest 1875 wurde eine
weitere Fahne gestiftet, welche noch heute existiert. Wegen ihres
historischen Wertes wurde sie 2006 durch ein aktualisiertes Duplikat
ersetzt.
Das
1794 abgebrochene Schießhaus bekamen die Schützen erst 1859 nach
langen Rechtsstreit von der Stadt ersetzt. Mit der Neuorganisation
des Wehrwesens 1831 wurde die Bürgerwehr abgeschafft, die Schützen
organisierten sich zum bürgerlichen Vergnügungsverein. 1879 wurde von
der Neustädter Schützengesellschaft die "allgemeine Schützenordnung
für das Königreich Bayern" von 1868 als Satzung anerkannt.
Die damit verbundenen Privilegien wurden allerdings mit Einführung des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahre 1900 den eingetragenen Verein
gleichgestellt. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde das königliche Privileg
zur Klarstellung des historischen Satzungsursprungs in den Namenszug
aufgenommen. Durch den Bau der
Eisenbahn wurde das Jahrhunderte alte Schießgelände an der Brendmündung
unbrauchbar und es entstand 1874 die Schießhalle an der Schweinfurter
Straße (Spätere Umbauten 1935, 1954, 1959, 1970, 1992, 1995, 2006).
Die alten Traditionen und Festschießen gingen in die neuen
Gepflogenheiten ein. Geschossen wurde mit Kleinkaliber auf Jubiläums-,
Meister-, Glück-, und Auflagschießen, und zwar auf 136 m gegen die 1998
abgebrochene Schießmauer an der Stadthallenstraße.
Ein neues Kapitel
Vereinsgeschichte beginnt mit dem Jahr 1945. Das
Kontrollratsgesetz brachte das völlige Waffenverbot. Das Vermögen der
ehem. Schützengesellschaft wurde Philipp Schmitt als Treuhänder
eingesetzt. Nach einer formalen Auflösung
der Gesellschaft übernahm die Stadt Bad Neustadt satzungsgemäß die
kommissarische Verwaltung der Liegenschaften.
Im Schützenhaus eröffnete
der Werkzeugmacher Friedrich Menges eine Werkstatt. 1949 wird das Vermögen
zurückgegeben, ein "Geselligkeitsverein Bad Neustadt a. d. Saale
e. V. " wird gegründet.
1950 Namensänderung in " Schützengesellschaft ( vormals kgl.
priv. Schützengesellschaft) gegründet 1550 mit Sitz in Bad
Neustadt". 1961 erfolgte mit Streichung aus dem Vereinsregister die
Übernahme des alten und jetzt bestehenden Namens. Die sportlichen
Schießen begannen zunächst mit Luftgewehr, später traten die
Disziplinen Luftpistole, Kleinkalibergewehr, Sport- und freie
Pistole und Perkussionsrevolver hinzu, vorübergehend das Armbrust-
und Bogenschießen. Die alte Tradition des Vogelschießens wurde 1963
wieder aufgenommen.
1955
schloss sich die Wagstädter Schützengesellschaft mit ihrer
Tradition seit 1747 der Bad Neustädter Schützengesellschaft an. Seitdem wird alljährlich neben dem
Neustädter König auch ein Wagstädter König ausgeschossen.
Langjährige
Freundschaften werden mit der
Schützenkompanie Bozen / Südtirol
und
dem
" Schützenbund
Barbecke 1919 eV "
in Niedersachsen gepflegt.
Bei der Gründung der Schützenvereine
Burgwallbach
und Salz wurde jeweils die Patenschaft
übernommen.
Entsprechend
einer im Stadtarchiv verwahrten Ordnung der Bürgerschützen zu Neustadt
von 1550, deren Entstehungsjahr lange Zeit als " Gründungsdatum
" der Schützengesellschaft galt, wurden
div. Jubiläumsfeiern ausgerichtet, so belegt 1875, 1925 und 1950.
Erst nach Auffinden eines Hinweises in der Kitzinger Festschrift von 1908 auf die Jahreszahl
1475 wurde 1975 die 500 - Jahrfeier und 2000 das 525 - jährige Jubiläum
begangen.
Die jüngst entdeckte Erwähnung von
1462, wie eingangs berichtet, lässt uns im Jubiläumsjahr 2012 auf
stolze 550 Jahre Neustädter Schützengeschichte zurückblicken.
Die Gesellschaft hat zur Zeit 160
Mitglieder.
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